Bayerisches Zahnärzteblatt

BZB, Heft 10/95, S. 22-29, PRAXIS


PROF. WALTER GRÄF,

BERND KUNZ, BERNHARD LOISL

UNIVERSITÄT ERLANGEN


Hygienische Aufbereitung dentaler Übertragungsinstrumente

(Hand- und Winkelstücke, Turbinen)

Anhand von insgesamt 274 dentalen Übertragungsinstrumenten (Winkelstücke, Turbinen) wurde die Eignung eines Dampfdesinfektionsverfahrens zur Aufbereitung von gebrauchtem Instrumentarium in der zahnärztlichen Praxis untersucht. Hierzu wurden sowohl Übertragungsinstrumente aus der Behandlungspraxis als auch nach künstlicher Kontamination mit fünf verschiedenen Testkeimarten (E. coli, R aeruginosa, S. aureus, E. faecium, C. albicans) und bei unterschiedlicher Serumbelastung (1, 10, 20 Prozent) im strömenden Wasserdampf behandelt. In sämtlichen Fällen wurde dabei trotz der engen Lumina der Instrumente eine Keimzahlreduktion von deutlich über fünf log10-Stufen erreicht. Übertragungsinstrumente können somit durch Behandlung mit ,,strömendem Dampf" zuverlässig desinfiziert werden.

Die Aufbereitung der genannten zahnärztlichen Instrumente vor Wiederbenutzung am nächsten Patienten ist in letzter Zeit häufig kontrovers diskutiert worden. Ursache für die in der Praxis bestehenden Unklarheiten ist unseres Ermessens die Tatsache, daß die hier entscheidenden Begriffe "Sterilisation und Desinfektion" von Instrumenten hinsichtlich Definition, Ziel und Indikation nicht ausreichend zur Kenntnis genommen werden, obwohl sie nach Knorr stets die Grundlage des praktischen Handelns sein müßten (Tabelle 1).

Zur Verwirrung der Situation trägt bei, daß die Instrumentensterilisation naturgemäß auch die sicherste Desinfektion gewährleistet. Die infektionshygienische Gefahr in der Praxis besteht aber darin, daß der fatale Umkehrschluß nicht fern liegt, "alles" was sterilisiert wurde, sei dann auch steril, obwohl die in diesem Falle unabdingbare Sterilhaltung (Einschweißen in Folien, Sterilbehälter usw.) möglicherweise nicht gewährleistet ist.

Betrachtet man die genannten zahnärztlichen Übertragungsinstrumente unter diesen Gesichtspunkten, so kann kein Zweifel bestehen, daß bei nichtchirurgischen und nichtendodontischen "normalen" Behandlungsabläufen diese Objekte nicht "steril" sein müssen (es bestehen hierbei ja auch keine aseptischen Behandlungsbedingungen), wohl aber eine effiziente Desinfektion gewährleistet sein muß, um eine Übertragung von Erregern kontagiöser Infektionskrankheiten auszuschließen.

Nun ist bekannt, daß gerade Hand- und Winkelstücke sowie Turbinen ein sehr diffiziles "Innenleben" in Mechanik-, Kühlwasser- sowie Luftzufuhrbereichen aufweisen, was zur Folge hat, daß die unbedingt zu fordernde "Innendesinfektion" auf chemischer Basis erhebliche Schwierigkeiten bereitet.

Da außer Frage steht, daß die häufig geübte Außendesinfektion (= Abwischen mit Desinfektionsmittel) als insuffizient zu betrachten ist, hat man von vielen Seiten aus verständlichen Sicherheitsgründen die Dampfsterilisation (134 °C, 2 atü) als das Mittel der Wahl empfohlen, wohl wissend, daß die letztlich zur Wiederverwendung gelangenden Instrumente, bedingt durch die übliche "unsterile" Zwischenlagerung, nicht mehr als steril, wohl aber als desinfiziert zu betrachten sind.

Unter Berücksichtigung der kostenträchtigen und materialbelastenden Sterilisationsverfahren haben wir Überlegungen angestellt, ob nicht die "altbekannte" Methode der Desinfektion mittels "strömendem Dampf", das heißt die Verwendung des sogenannten Kochschen Dampftopfes, eine effiziente Desinfektion der dentalen Übertragungsinstrumente und natürlich auch anderer einfacher Instrumente, wie Sonde, Spiegel, Pinzetten, Abdrucklöffel usw., eine brauchbare Alternative zur Sterilisation dieser Instrumente darstellen könnte.

Zur Desinfektion gibt es seit Jahrzehnten die "Liste der vom Bundesgesundheitsamt geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren" - Stand: 1. Februar 1994; 12. Ausgabe.

Sterilisation

Definition: Sterilisieren ist das Abtöten bzw. das irreversible Inaktivieren aller vermehrungsfähigen Mikroorganismen (DIN 58900/1).

Ziel: Wahrung aseptischer Kautelen, d.h. Einhaltung keimfreier Bedingungen.

Indikation: Bei allen "invasiven" Instrumenten einschließlich aller Infektions- und lnfusionsbestecke bzw. Parenteralia.

Desinfektion

Definition: Desinfizieren ist das Abtöten bzw. irreversible Inaktivieren aller Erreger übertragbarer Infektionskrankheiten (mod. nach DIN 5894911).

Ziel: Einen Gegenstand in einen Zustand versetzen, in dem er nicht mehr infizieren kann.

Indikation: Bei allen Objekten, die mit kontagiösen (= übertragbaren) Krankheitserregern kontaminiert sind (einschließlich Hände). Die Einbeziehung aller "pathogenen Erreger" ist hinsichtlich "Tetanus- und Gasbrand-Sporen" nicht erforderlich, da diese keine "kontagiösen" Infektionskrankheiten verursachen.

Tabelle 1. Zur Problematik der Sterilisation und Desinfektion

Hier wird differenziert zwischen thermischen Verfahren und chemischen Mitteln und Verfahren. In erster Rubrik finden sich neben Verbrennen und Kochen mit Wasser auch die Anwendung von Dampfströmungsverfahren, wonach Apparate mit gesättigtem Wasserdampf (100 °C) und 5 Minuten Einwirkungszeit den Wirkungsbereich von A und B (A: Abtötung vegetativer Bakterien und Pilze; B: Inaktivierung von Viren) abdecken. Die Problematik von "dampffreien" Hohlräumen ist unseres Erachtens bei den relativ kleindimensionierten Übertragungsinstrumenten zu vernachlässigen!

Andererseits ist bei der Desinfektionsproblematik zu berücksichtigen, daß hinsichtlich der chemischen Desinfektion gemäß den "Richtlinien für die Prüfung und Bewertung chemischer Desinfektionsverfahren" der DGHM für die chemische Instrumentendesinfektion Nachfolgendes festgelegt ist: "Ein Präparat gilt bei der Instrumentendesinfektion als wirksam, wenn es in der Anwendungskonzentration sämtliche Testkeime (Staph. aureus, E. coli, Proteus mirabilis, P. aeruginosa und Candida albicans) innerhalb der vorgesehenen Zeit abtötet. Außerdem muß mit der Anwendungskonzentration innerhalb der Anwendungszeit eine Keimzahlreduktion um fünf log10-Stufen erreicht werden!"

Daraus darf wohl gefolgert werden, daß bei einer Desinfektion mit strömendem Wasserdampf die gleichen Erfordernisse gelten müssen, das heißt, wenn es gelingt, bei "innenkontaminierten" Übertragungsinstrumenten bei den angeführten Testkeimen eine vollständige Eliminierung oder zumindest eine Keimreduktion um fünf log10-Stufen zu erreichen, so muß die Forderung einer sicheren Desinfektion absolut erfüllt sein.

Daß damit auch Viren wie zum Beispiel HIV, aber auch Hepatitis-B-Viren erfaßt sind, geht sowohl aus der BGA-Liste als auch aus der vorliegenden Literatur hervor, wie die nach Wallhausser modifizierte Darstellung in Tabelle 2 belegt.

Resistenz von Erregern übertragbarer (= kontagiöser) Infektionskrankheiten bei feuchter Hitze
Temperatur Abtötungszeit Erreger
62,5 °C 30 Minuten TBC-Erreger, pathogene Streptokokken, Polioviren
80 °C 30 Minuten Vegetative Bakterien, Hefen, Schimmelpilze, alle Viren (auch AIDS-Viren). Ausnahme: Hepatitis- Viren
98-100 °C 10 Minuten Alle vegetativen Bakterienarten, alle Viren,
auch Hepatitis A, B, C

Tabelle 2: Abtötung vor Infektionserregern bei feuchter Hitze, modifiziert nach Wallhauser.

Unter den dargelegten Gesichtspunkten haben wir eine größere Anzahl von Hand- und Winkelstücken sowie Dentalturbinen nach entsprechend massiver Außen- und Innenkontamination mit Suspensionen der genannten Testkeime unter Bedingungen des strömenden Wasserdampfes, das heißt im sogenannten Kochschen Dampftopf, behandelt und abschließend den Nachweis etwaiger überlebender Keime in qualitativer und quantitativer Hinsicht versucht.

Material und Methodik

Material: Die Versuche zur Prüfung der Wirksamkeit des Dampfströmungs-Desinfektionsverfahrens als hygienisch einwandfreie Aufbereitungsmöglichkeit von zahnärztlichen Turbinen sowie Hand- und Winkelstücken wurden mit einem Gerät durchgeführt, das auf dem allgemein anerkannten Wirkungsprinzip des Kochschen Dampftopfes beruht, das heißt, die zu desinfizierenden Instrumente wurden für entsprechende Einwirkungszeit strömendem Dampf ausgesetzt.

Es handelte sich hierbei um ein relativ einfach aufgebautes Gerät, das aus einer zirka 15 cm durchmessenden, beheizbaren Bodenwanne zur Aufnahme und zum Verdampfen von Wasser besteht, über der sich ein zirka 16 cm hoher, abnehmbarer Aufsatz aus Kunststoff befindet, dessen Unterseite ein Kunststoffgitter bildet, auf dem wiederum die zu desinfizierenden Objekte abgestellt werden. Den oberen Abschluß bildet ein ebenfalls abnehmbarer Deckel aus Kunststoff mit einer im Zentrum angebrachten, 0,8 cm durchmessenden Bohrung zum Entweichen des strömenden Dampfes. Das Gerät wird vor Inbetriebnahme mit 80 ml destilliertem Wasser befüllt, das nach einer Aufheizungsphase von zirka 5 bis 7 Minuten eine Temperatur von 98 bis 99 °C erreicht und in weiteren 8 bis 10 Minuten vollständig verdampft ist. Die Desinfektion der auf dem Kunststoffgitter abgelegten Gegenstände erfolgt somit durch den strömenden Dampf, der in der Kammer durch das Verdampfen des eingefüllten Wassers erzeugt wird. Nach insgesamt 15 Minuten Betriebszeit, wovon zirka 10 Minuten reine Desinfektionszeit sind, schaltet das Gerät automatisch vom Funktionszustand "Desinfizieren" in den Funktionszustand "Trocknen".

Zur Prüfung der Desinfektionswirkung unter praxisnahen Gebrauchsbedingungen wurden von uns als zu desinfizierende Dentalinstrumente jeweils fünf verschiedene Turbinen sowie Hand- und Winkelstücke und jeweils eine fabrikneue Turbine und ein Winkelstück verwendet, die nach mikrobieller Kontamination mit definierten Testkeimen behandelt wurden. Die Instrumente waren gebrauchsübliche Exemplare, die sich allerdings nicht mehr im zahnärztlichen Einsatz befanden. Die Verwendung derartiger Turbinen und Winkelstücke war notwendig wegen der massiven Beanspruchung des Instrumentariums bei der von uns gewählten Versuchsmethodik sowie wegen der erheblichen finanziellen Aufwendungen, die Versuchsreihen mit ausschließlich neuwertigen Instrumenten bedeutet hätten.

Die mikrobielle Kontamination dieser Instrumente erfolgte mit insgesamt fünf verschiedenen Testkeimarten.

Im einzelnen: E. coli DSM 787 (= ATCC 11229), Pseudomonas aeruginosa DSM 939 (= ATCC 15442), Candida albicans DSM 1386 (- ATCC 10231) und Staphylococcus aureus DSM 799 (= ATCC 6538). Auf den Testkeim Proteus mirabilis DSM 788 (= ATCC 14153) wurde wegen der bekannten Schwierigkeiten bei der Quantifizierung von Keimgehalten ("Schwärmphänomen") verzichtet.

Statt dessen wurde als weiterer Testkeim Enterococcus faecium DSM 2146 (= ATCC 6057) herangezogen, der nach DIN 58949 Teil 4 (3) als Bioindikator zur Überprüfung von Dampf-Desinfektionsapparaten im 75°C-Verfahren verwendet wird und sich durch eine besondere Thermoresistenz auszeichnet. Daneben wurden in einer weiteren Testserie neue gebrauchsbereite Turbinen eingesetzt, wobei die Geräte mit einer aliquot zusammengemischten Suspension der genannten Testkeime mit einem Gesamtkeimgehalt von zirka 1010 KBE/ml, suspendiert in einer physiologischen NaCl-Lösung mit 10 Prozent Rinderserumzusatz, kontaminiert wurden. Neben den unter Laborbedingungen künstlich kontaminierten Dentalinstrumenten wurden auch durch Verwendung am Patienten "natürlicherweise" kontaminierte Winkelstücke aus der zahnärztlichen Routinepraxis im Desinfektionsgerät behandelt.

Methodik: Bei den Versuchen unter Laborbedingungen war es das Ziel, die Effizienz des Desinfektionsgerätes bei hochgradig mit definierten Mikroorganismen kontaminierten Instrumenten zu prüfen. Dabei wurden bei jedem Versuchsansatz insgesamt zwölf Turbinen und Winkelstücke mit den einzelnen Testkeimen kontaminiert.

Hierzu wurden die oben genannten Testkeime zunächst in einer großen Petri-Schale mit einem Liter TSB-Medium in einer Übernacht-Kultur bei 37°C angezüchtet, um für die Versuchsanordnung Keimgehalte von mindestens 107 bis 108 KBE/ml zur Verfügung zu haben. Nach einer Keimzahlbestimmung des Mediums wurden dann je sechs sterile Turbinen und Winkelstücke zur Kontamination für 30 Minuten in das keimbewachsene TSB-Medium eingelegt, so daß sie vollständig von der Flüssigkeit bedeckt waren. Zusätzlich wurden sämtliche wasserführenden Kanäle der Instrumente mittels einer dünnen Kanüle mit der Keimsuspension durchspült, um eine gleichmäßige Kontamination aller inneren und äußeren Oberflächen zu gewährleisten. Soweit möglich, wurde auch bei allen Winkelstücken der jeweilige Arbeitskopf zur Kontamination abgenommen.

Anschließend wurden die Instrumente unter sterilen Kautelen in einem Brutschrank bei 37°C für 4 Stunden oder 24 Stunden getrocknet. Diese Vorgehensweise sollte den Fall simulieren, daß in der Praxis zahnärztliche Instrumente nicht unverzüglich, sondern unter Umständen erst nach einem Tag einer Wiederaufbereitung zugeführt werden.

Nach Beendigung des Trocknungsvorgangs wurden jeweils ungefähr die Hälfte der Turbinen und Winkelstücke gemäß den Pflegebedingungen in der zahnärztlichen Praxis mit einem handelsüblichen Instrumentenpflegeöl eingesprüht und die zur Kontamination abgenommenen Köpfe wieder auf die entsprechenden Winkelstücke gesteckt, während die andere Hälfte des Instrumentariums ohne Behandlung mit Pflegeöl blieb.

Pro Testkeimart wurde bei je einem Instrument nach dem Antrocknungsvorgang ein Rückspülversuch zur Bestimmung der sich tatsächlich auf dem Instrument befindenden Keimzahl durchgeführt, wozu das jeweilige Instrument in 0,5 l einer sterilen 0,9%igen NaCl-Lösung zirka 30 Minuten - mit einem Rührmagneten versehen - gespült wurde und aus der Flüssigkeit per Ausspateln auf festen Nährboden der Keimgehalt bestimmt wurde.

Nach diesen Vorbereitungen wurden je drei Turbinen und Winkelstücke auf das Kunststoffgitter des Desinfektionsgerätes gelegt und nach Auffüllen der Bodenwanne mit 80 ml destilliertem Wasser der Desinfektionsvorgang wie oben beschrieben gestartet.

Nach Beendigung des Desinfektionszyklus wurden die behandelten Instrumente mit sterilen Pinzetten aus dem Gerät genommen und in toto in 0,5 l TSB-Medium so eingegeben, daß sie nahezu vollständig vom Medium bedeckt waren. Anschließend wurden sie sieben Tage bei 37 °C inkubiert. Aufgrund dieser "Versenkung" in TSB-Medium resultierte eine vorhersehbare, erhebliche Materialbelastung der Turbinen- und Winkelstücke, die die Verwendung von neuwertigem Instrumentarium nicht erlaubte.

In dieser Versuchsreihe wurden insgesamt 137 Instrumente mit insgesamt vier verschiedenen Prüfkeimen (Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, E. coli, Candida albicans) kontaminiert und in insgesamt 24 Desinfektionszyklen mit dem Gerät behandelt.

In einer Versuchsmodifikation wurden zur Prüfung der Desinfektionswirkung des Dampfdesinfektors in einem nächsten Schritt nunmehr Keimgemische, bestehend aus zwei verschiedenen Keimspezies (Enterococcus faecium mit Candida albicans sowie Staphylococcus aureus mit E. coli), zur Kontamination der Dentalinstrumente herangezogen und zusätzlich eine unterschiedliche Belastung mit Rinderserumzusatz vorgenommen. Dabei wurden - in Analogie zum Erstversuch - die Instrumente für 30 Minuten in ein 1%-, 10%- und 20%iges Keimserumgemisch mit einem Keimgehalt von 108 bis 109 KBE/ml eingelegt, über einen Zeitraum von 5 Stunden getrocknet sowie ab einem Serumgehalt von 10 Prozent je zur Hälfte eingeölt beziehungsweise ungeölt belassen und anschließend im Desinfektionsgerät behandelt.

In Rückspülversuchen war zuvor nach dem oben beschriebenen Procedere der Keimgehalt der Dentalinstrumente nach dem Antrocknungsvorgang bestimmt worden. Zum Nachweis eines eventuellen Keimwachstums nach Desinfektion wurden die Hand- und Winkelstücke wiederum vollständig in TSB-Medium versenkt und bei 37°C über sieben Tage inkubiert. In dieser Versuchsreihe wurden insgesamt 22 Instrumente mit einem 1%igen Keimserumgemisch, 22 Instrumente mit einem 10%igen und 22 Instrumente mit einem 20%igen Keimserumgemisch kontaminiert. Der Testkeim Pseudomonas aeruginosa wurde dagegen nur in Reinkultur (Keimgehalt 108 KBE/ml TSB-Medium) mit 20 Prozent Serum zur Kontamination von insgesamt elf Instrumenten verwendet. Die Austrocknungszeit betrug in diesem Fall 24 Stunden.

In einer weiteren Versuchsreihe wurden dann lediglich die inneren Kanäle von 25 Winkelstücken mit 5 ml eines Gemisches aus einem Testkeim, der in 0,9 Prozent steriler NaCl-Lösung plus 20 Prozent Serum suspendiert war, durchspült und nach einer Antrocknungsphase von 5 Stunden ohne vorheriges Einölen im Dampfdesinfektionsgerät behandelt, wobei die Kontamination der Instrumente mit den fünf Testkeimen Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, E. coli, Candida albicans und Pseudomonas aeruginosa für je fünf Instrumente erfolgte. Die Kontrolle auf Keimwachstum wird durch erneutes Durchspülen der Instrumentenkanäle nach Desinfektion mit 5 ml steriler 0,9%iger NaCl-Lösung und anschließendes Aufbringen von 0,2 ml der aufgefangenen Spüllösung auf Blut-Agar und Anreicherung von 4,8 ml in 50 ml TSB-Medium durchgeführt. Die festen Nährböden wurden 48 Stunden, die flüssigen Medien sieben Tage bei 37 °C inkubiert.

Bei der Versuchsserie mit fabrikneuen Turbinen wurden diese im hinteren Ansatzbereich mit der 10%igen Serum-NaCl-Keimmischung "aufgefüllt", bis aus dem vorderen Arbeitsende beziehungsweise den Luft- und Wasserkanälen die Keimsuspension austropfte. Nach erfolgter Dampfdesinfektion wurde das System mit steriler NaCI-Lösung auf gleiche Weise durchspült und die Spüllösung auf Keimgehalt geprüft.

Zusätzlich wurden zur Prüfung unter Praxisbedingungen an sieben verschiedenen Tagen jeweils fünf "Schnelläufer", insgesamt also 35 "Schnelläufer", direkt aus dem Praxisgebrauch einer Zahn-, Mund- und Kieferklinik mit dem Desinfektionsapparat behandelt. Zur Erhebung der Keimbelastung vor Desinfektion wurden dabei zunächst stichprobenartig Getriebekopf und Wasserkanal von jeweils ein bis zwei lnstrumenten mit 5 ml steriler 0,9%iger NaCl-Lösung durchspült und durch Auftragung von 0,2 ml auf festen Nahrmedien (Blut-Agar) und Anreicherung von 1 ml in 10 ml Flüssigmedium (TSB) die Art und Menge des natürlicherweise vorkommenden Keimkontaminationsspektrums ermittelt. Anschließend wurden die Instrumente in üblicher Weise in insgesamt sieben Desinfektionsdurchgängen behandelt und nach der Desinfektionsbehandlung unter den gleichen Bedingungen erneut mit sterilem NaCl durchspült und der Keimnachweis geführt. Im Gegensatz zu den Versuchen mit künstlich kontaminierten Instrumenten wurde aus Gründen der Materialschonung auf ein Einlegen ins TSB-Medium verzichtet.

Ergebnisse

Im folgenden sollen die bei den einzelnen Versuchsreihen ermittelten Ergebnisse dargestellt werden.

Testkeimarten Enterococcus albicans faecium Staph. aureus E. coli Candida
Mittlerer Keimgehalt der zur Kontamination
verwendeten Kultur (KBE/mI)
1,0x109 6,6x108 1,6x109 1,8x107
Anzahl der Instrumente mit
4 Std. Antrocknungszeit
24 Std. Antrocknungszeit

23
10

23
12

18
17

11
23
Anzahl der Instrumente
mit Ölbehandlung
ohne Ölbehandlung

6
27

18
17

18
17

18
16
Instrumente nach nach Dampfdesinfektion
ohne Keimnachweis
mit Keimnachweis

33
0

35
0

35
0

34
0
Kontrolluntersuchungen ohne Desinfektion
(Keimrückgewinnungsrate nach 4 bzw. 24 Std. Antrocknungszeit!)
3,5x107
(n. 24 Stunden)
3,0x108
(n. 4 Stunden)
1,5 x 108
(n. 4 Stunden)
1,3 x 106
(n. 4 Stunden)

Tabelle 3. Dampfdesinfektion von mit verschiedenen Keimarten künstlich kontaminierten Dentalübertragungsinstrumenten ohne Serumbelastungs

Diskussion

Grundsätzlich bleibt die Aussage unberührt, daß auch bei zahnärztlichem Instrumentarium im "Zweifelsfalle" die Sterilisation auch die sicherste Desinfektion darstellt. Andererseits muß aus grundsätzlichen Erwägungen natürlich daran festgehalten werden, daß im gesamten medizinischen "Instrumentenbereich" nun einmal Unterschiede zwischen Sterilisation und Desinfektion hinsichtlich und Indikation bestehen und diese auch im zahnärztlichen Praxisbereich "gewußt" und zur Anwendung gebracht werden sollten.

Unter diesen Gesichtspunkten und auch unter Berücksichtigung des neuen Begriffes der sogenannten Instrumentendekontamination war es unser Ziel, in umfangreichen bakteriologischen Versuchsreihen zu zeigen, daß für die Aufbereitung der betreffenden dentalen Übertragungsinstrumente auch der "strömende Dampf" eine sichere und daher praktikable Möglichkeit zur Instrumentendesinfektion darstellt (Kochscher Dampftopf!).

Die Ergebnisse der unter Labor- und Praxisbedingungen durchgeführten Versuche zur Desinfektion der zahnärztlichen Übertragungsinstrumente zeigen, daß das Verfahren der Dampfdesinfektion ("strömender Dampf") zu dem beabsichtigten Zweck sehr gut geeignet ist. Bei insgesamt 274 Einzelprüfungen von Hand- und Winkelstücken war nur in einem einzigen Fall der eingesetzte Testkeim (Enterococcus faecium) nach Desinfektion nachweisbar, wobei in diesem Fall aller-dings der Keimnachweis nur im Anreicherungsmedium gelang und, ausgehend von einer ursprünglichen Keimbelastung des Instrumentes mit 1,5 x 107 KBE und 20 Prozent Serum, dennoch ein Reduktionsfaktor von fünf bis sechs log10-Stufen mühelos erzielt wurde.

Bei allen anderen Versuchen, seien sie nun unter Praxisbedingungen durchgeführt, wie zum Beispiel bei der Desinfektion von durch Verwendung am Patienten kontaminierten "Schnellläufern" (n = 35) oder bei Instrumenten, die artifiziell mit insgesamt fünf verschiedenen Testkeimen kontaminiert und zum Teil mit erheblicher Serumbelastung versehen wurden, waren die eingesetzten Testkeime nicht mehr nachweisbar - obwohl sowohl der Keimbelastungsgrad als auch die Höhe der Serumbelastung die Verhältnisse in der Realität bei weitem übersteigen.

Durch die Auswahl der Prüfmikroorganismen gemäß den Richtlinien der DGHM zur Prüfung der chemischen Desinfektion war sichergestellt, daß keineswegs besonders umweltlabile Bakterien dem Desinfektionsverfahren unterworfen wurden, sondern durch die zusätzliche Aufnahme von Enterococcus faecium sogar der "offizielle" Prüfmikroorganismus für thermische Desinfektionsverfahren - 75 °C-Verfahren nach DIN 58949 Teil 4 - zum Einsatz kam. Bei insgesamt fünf Testmikroorganismen mit je zwei grampositiven und gramnegativen Bakterienspezies sowie dem bei weitem wichtigsten Vertreter der Sproßpilze (C. albicans) - sämtlich häufige Hospitalismuskeime - kann zudem auch von einem breiten und aussagekräftigen Spektrum an Testkeimen gesprochen werden.

Die Versuchsmethodik unter Laborbedingungen wurde so praxisnah wie möglich gewählt, so daß zum Beispiel eine Antrocknungszeit von 4 beziehungsweise 24 Stunden nach Kontamination die realen oder auch erschwerten Routinebedingungen von Aufbereitungsvorgängen in der Praxis widerspiegelt. Auch die Verwendung von Instrumentenpflegeöl vor der Behandlung entspricht dem empfohlenen und gängigen Procedere. Weiterhin war durch die - zwar materialbelastende, aber zum Keimnachweis besser geeignete - Methode des kompletten Einlegens der desinfizierten Instrumente in Flüssigmedium sichergestellt, daß sowohl Keime, die sich auf den äußeren als auch auf den inneren Oberflächen befanden, zum Nachweis gelangten, so daß durch ein ausbleibendes Keimwachstum auf die Keimfreiheit des kompletten Instruments geschlossen werden konnte.

Naturgemäß mußte bei den von uns durchgeführten Testreihen die Frage der Desinfektion von Viruspartikeln experimentell unbeantwortet bleiben. Allerdings dürfte nach den bislang bekannten Aussagen der Literatur, die von einer irreversiblen Inaktivierung der Hepatitis-B-Viren bei einer zehnminütigen Einwirkung von gesättigtem Wasserdampf (zirka 98 bis 100 °C) ausgehen, bei den Betriebsbedingungen eines Dampfdesinfektionsgerätes auch mit einer Inaktivierung dieser Erreger zu rechnen sein.

Legt man als Kriterium zur Prüfung der chemischen Desinfektion nach den Richtlinien der DGHM eine Keimzahlreduktion von fünf Zehnerpotenzen bei Bakterien zugrunde, so wurde mit dem geprüften Dampfdesinfektionsverfahren dieser Wert in allen Versuchen deutlich überschritten.

Die immer wieder diskutierte These, daß durch eine Behandlung von Dentalinstrumenten im strömenden Wasserdampf ohne Aufbau von Überdruck keine ausreichende Einwirkung bei englumigen Kanälen erfolgen und somit keine sichere Desinfektionswirkung resultieren würde, wurde durch unsere Versuchsreihen nicht bestätigt. Selbst wenn ausschließlich die Kanäle der Instrumente mit einem Gemisch von Testkeimen in 20 Prozent Serum kontaminiert worden waren, zeigte sich eine vollständige Desinfektionswirkung.

Bei genauerer Betrachtung des von uns verwendeten Dampfdesinfektionsgerätes wird deutlich, daß die desinfizierende Sicherheit dieses Systems für die zahnärztliche Verwendung sicher noch gesteigert werden kann, wenn das Instrumentarium nicht - wie praktiziert - waagrecht in das Gerät eingelegt würde, sondern mittels einer noch zu konstruierenden Halterung senkrecht in das Gerät quasi "eingehängt" werden könnte. Diese "dentaladaptierte" Konstruktion hätte den großen Vorteil, daß sich die Instrumente sowie deren sämtliche inneren Lumina in dem vertikal aufsteigenden Dampfstrom befänden und somit eine noch intensivere Durchströmung gegeben wäre als bei horizontaler Lagerung.

Zusammengefaßt kann aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse festgestellt werden, daß alle Übertragungsinstrumente durch Behandlung mit "strömendem Dampf" sicher desinfiziert, das heißt frei von kontagiösen Krankheitserregern gemacht werden können. Dies gilt auch für den "Innenkontaminationsbereich" der besonders bei den Dentalturbinen durch den bereits früher von uns beschriebenen Rücksaugeffekt von Kühlwasseranteilen zum Teil immer noch mehr oder minder besteht.